Beispiel
Garniert mit Käseköstlichkeiten: Besuch aus dem Südschwarzwald in Mittelfranken zu Gast
(26. August 2024) Heidenheim/Obernzenn – Aus dem Südschwarzwald sind Verantwortliche des gleichnamigen Naturparks nach Westmittelfranken gereist, um sich mehrere Maßnahmen in Sachen Unwetterschutz anzuschauen. Das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken unterstützt mit der Initiative „boden:ständig“ unter anderem Regenrückhalte, Gewässerrenaturierungen oder naturnahe Verlegungen von Bächen oder Flüssen in ihr altes, natürliches Bett zurück. Es geht darum, Wasser in der Fläche zu halten, um nach Unwettern dem Abfließen über Felder, einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Der erste Tag führte die zwölf Gäste vom Naturpark Südschwarzwald in Baden-Württemberg an den Hahnenkammsee im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, der zweite nach Hechelbach im Landkreis Neustadt an der Aisch/Bad Windsheim. Der Naturpark Schwarzwald ist mit knapp 4000 Quadratkilometern der zweitgrößte in Deutschland. In Zeiten des Klimawandels steht die vielfältige Landschaft vor Herausforderungen – auch was die Flächenbewirtschaftung der Bauern betrifft oder in der Tierhaltung.
Viele Jahre hatte der idyllisch gelegene Hahnenkammsee mit Blaualgen zu kämpfen und nach Unwettern kam es immer wieder zu Überschwemmungen im Rohrachtal – zum Teil bis in die Dörfer hinein. Vor zehn Jahren startete „boden:ständig Hahnenkammsee“ als Pilotprojekt in Mittelfranken – mit dabei: das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Roth-Weißenburg sowie das Wasserwirtschaftsamt Ansbach. Schlüssel zum Erfolg ist die Zusammenarbeit der Behörden und Menschen vor Ort – wie unter anderem die Besitzer der Flächen, die sie bereitstellen oder die Landwirte, die die Felder bewirtschaften. Das ist auch das Besondere: Viele Hände greifen bei „boden-ständig“ ineinander, wie Projektbegleiter Jakob Meier vom Amt für Ländliche Entwicklung den Gästen erklärte.
Am Hahnenkammsee entstand beispielsweise ein Regenrückhalte-Becken mit einem Volumen von rund 650 Kubikmetern. Dafür wurden „lediglich“ die Baggerstunden eingekauft. Das spart Kosten. Vier hintereinander liegende Becken mit einem Fassungsvermögen von rund 1000 Kubikmetern verlangsamen oberhalb von Hechlingen am See den Wasserfluss und ermöglichen ein Absetzen der Sedimente. Die Kosten für die elf Baumaßnahmen bisher schätzt das Amt für Ländliche Entwicklung auf rund 100.000 Euro, die Förderung liegt bei 85 Prozent.
In Hechelbach – einem Ortsteil der Marktgemeinde Obernzenn – ging es für die Gäste am zweiten Tag auf den Hof der Familie Schwarz-Wittigschlager, die 120 Milchkühe hat. Belinda Schwarz-Wittigschlager stellt Käse her, den sie im Hofladen in Hechelbach und auf dem Wochenmarkt in Uttenreuth (Landkreis Erlangen-Höchstadt) verkauft. Schon zweimal gab es dafür aus den Händen von Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber in den vergangenen beiden Jahren eine Auszeichnung beim Wettbewerb „Käseschätze“. Ehemann Michael Wittigschlager kümmert sich zusammen mit seiner Frau ums Milchvieh und eine kleine Biogasanlage.
Der Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim gehöre zu den trockensten in Deutschland, stellte der ehemalige Landrat Helmut Weiß fest. Aufgelassene Güllegruben oder ehemalige Kläranlagen stehen als Wasserspeicher zur Verfügung. „Wir als Gemeinde waren in den Jahren 2016 und 2021 besonders vom Hochwasser betroffen“, stellte Obernzenns Bürgermeister Reiner Hufnagel fest. „In 18 Stunden sind über 200 Liter heruntergekommen. Die ‚boden:ständig‘-Maßnahmen passen thematisch wunderbar zusammen, da sich der Landkreis auf den Weg gemacht hat, klimaresilient zu werden.“
Neidische Blicke gen Bayern
Es mache auf jeden Fall Sinn, im Vorfeld die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, sagte Abteilungsleiter Markus Dohrer vom Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken: „Gemeinsam ist die Überschrift.“ In Obernzenn habe es Flächentäusche gegeben, so Markus Dohrer. Dadurch haben die Landwirte die Möglichkeit, ihre Felder quer zum Hang zu bewirtschaften – Unterstützung bekamen die insgesamt drei Landwirte vor Ort von Umsetzungsbegleiter Hans Koch. „Das Wasser, das wir bei uns halten, kommt in Trautskirchen oder Nürnberg schon gar nicht an“, stellte Landwirt Michael Wittigschlager fest. Außerdem setzt der Bauer auf die Bewirtschaftung mit Zwischenfrüchten und nutzt Kalk als Bodendünger.
„Kalk ist für den Boden so wie Backpulver für den Kuchen – er gibt Stabilität“, erklärte Projektbegleiter Jakob Meier. Und die Gäste? Sie waren am Ende alle voll mit neuen Eindrücken und satt. Belinda Schwarz-Wittigschlager hatte ein paar ihrer Käseköstlichkeiten aufgetischt.
„Wir schauen mit ganz neidischen Augen rüber nach Bayern, bei uns gibt es kein Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken. Wenn wir für Maßnahmen Unterstützung benötigen – fachlich oder finanziell – dann haben wir mit ganz unterschiedlichen Behörden zu tun, was es komplizierter macht“, stellte Geschäftsführer Roland Schöttle vom Naturpark Südschwarzwald fest. Deswegen sei im kommenden Jahr ein weiterer Austausch mit den Akteuren aus Mittelfranken und Baden-Württemberg geplant – und zwar auf politischer Ebene, warf Jakob Meier den Blick voraus.